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Eröffnung der Bregenzer Festspiele

Vizekanzler Babler: "Dafür sorgen, dass in Österreich wieder groß geträumt werden kann"

Vizekanzler und Kulturminister Andreas Babler betonte am 16. Juli 2025 im Rahmen der Eröffnung der Bregenzer Festspiele, die Bedeutung der Festspiele als Ort der Kultur und Ort der Begegnung sowie des Gedankenaustauschs und warnte vor autoritären Tendenzen, die unsere Demokratie, Institutionen und Rechtsstaatlichkeit gefährden. Die Kunst könne als Treibstoff einer echten demokratischen Debatte unsere Köpfe und Herzen öffnen.

Vizekanzler und Kulturminister Andreas Babler:
Bei steigenden Preisen schrumpfen die Träume. Unsere Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass in Österreich wieder groß geträumt werden kann.
Die Zukunft unserer Demokratie hängt davon ab. Sie hängt davon ab, wie wir miteinander umgehen, ob wir auf einander schauen und ob wir solidarisch sind.
Wir müssen begreifen, dass unser eigenes Leben ärmer wird, wenn unser Gegenüber leidet. Weil wir Menschen sind.

Unsere Demokratie lebt davon, dass wir einander sehen. Dass wir anerkennen:
In jedem Menschen steckt ein ganzes Universum. Ein Universum voller Träume, Sorgen und Wünsche. Wenn wir diese Vielfalt ernst nehmen, bewahren wir den radikalen Gedanken, auf dem unsere Republik gründet: Dass jede und jeder zählt.

Kunst ist etwas Wunderbares. Durch sie können wir in die Gedankenwelt verschiedener Protagonist:innen eintauchen und erfahren dadurch etwas neues – manchmal auch über uns selbst.
Das Programm der Festspiele ist ein Bekenntnis zu dieser hohen Kunst des Geschichtenerzählens. Danke an alle Mitwirkenden – Ihre Arbeit hilft dabei, das Beste in uns zu kultivieren: Unsere Fähigkeit zur Empathie. Und diese Empathie ist kein Luxus. Sie ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Achten wir darauf, dass das so bleibt."
 

"Sehr geehrter Herr Bundespräsident, werter Herr Bundeskanzler, hoch geschätzter Herr Landeshauptmann, sehr geehrter Herr Festspielpräsident, lieber Herr Bürgermeister, werte Vertreter:innen der Glaubensgemeinschaften und der Zivilgesellschaft, werte Künstlerinnen und Künstler, liebe Festgemeinde!

Die Bregenzer Festspiele sind nicht nur ein Ort der Kultur, sie waren immer schon auch ein Ort der Debatte. Ein Ort der Begegnung und des Gedankenaustauschs.

Das hat, denke ich, einen einfachen Grund: Die Kunst kann unsere Köpfe und Herzen öffnen. Sie hilft uns, in den Schuhen anderer zu gehen – Perspektiven einzunehmen, die uns sonst fremd blieben.

Sie ist sowas wie der Treibstoff einer echten demokratischen Debatte.

Wichtig ist mir dabei das kleine Wörtchen „echt“.
Lassen Sie uns hier echte Debatten führen.
Debatten, bei denen man nicht nur in seinem altbewährten Argumentekatalog nachschlägt und darauf wartet, den anderen zu entkräften. Keine Debatte, in der sich Position A gegen Position B durchzusetzen versucht.

Sondern – eine echte Debatte.

Bei der man nicht alles, aber doch das eine oder andere Argument teilt, sich in manchen Aspekten überzeugen lässt – und durch gemeinsames Nachdenken vielleicht auf eine ganz neue, gemeinsame Lösung kommt.

Der Dissens als Möglichkeit, die eigene Sichtweise zu erweitern.

Darum möchte ich heute auf das Klein-Klein der Tagespolitik verzichten. Sie werden von mir keine Ausführungen über die Notwendigkeiten eines Sparbudgets hören. Ich werde hier auch keine neuen Steuern oder Gesetzesänderung vorschlagen.

Das wäre eine Verschwendung dieses besonderen Rahmens hier in Bregenz.

Wir befinden uns heuer in einem mehrfachen Gedenkjahr: die Befreiung vom Nationalsozialismus, das Ende des Zweiten Weltkrieges, die Gründung der Zweiten Republik, der Staatsvertrag, unsere EU-Mitgliedschaft – viele Ereignisse, die den Charakter unserer Demokratie geprägt und verändert haben, feiern heuer Jubiläum.

Ich möchte sie darum dazu einladen, heute mit mir über den Zustand unserer Demokratie nachzudenken.

Wir hören oft, dass unsere liberale Demokratie unter Druck ist.
Und ja – es sind verdammt gefährliche Zeiten für unsere Art zu leben.

Autoritäre Tendenzen machen sich breit. Unsere Institutionen, die Rechtsstaatlichkeit, die Gewaltenteilung werden angegriffen.

Das gilt es mit aller Kraft zu bekämpfen, keine Frage.

Aber das allein reicht nicht.

Wenn wir uns nur auf den Schutz der demokratischen Institutionen konzentrieren, machen wir es uns zu leicht.

Denn unsere Demokratie steht auf zwei Säulen: der liberalen und der sozialen Demokratie. Beide tragen unsere Republik gemeinsam. Die soziale stärkt die liberale – und umgekehrt. Nur im Zusammenspiel entfalten sie ihre volle Kraft und ermöglichen uns unsere volle Freiheit.

Dass unsere Demokratie so unter Druck ist, liegt auch daran, dass die soziale Säule schwächer geworden ist.

Und damit meine ich nicht unseren Sozialstaat oder die Höhe einzelner Sozialleistungen. Es geht um etwas Grundlegenderes:

Es geht darum, dass uns eine Gewissheit abhandengekommen ist.

Die Gewissheit, dass die Art und Weise, wie unsere Gesellschaft funktioniert, uns allen nützt.

Dass wir gemeinsam nach vorne kommen. Dass der Erfolg Österreichs unser aller Erfolg ist.

Diese Gewissheit gibt es nicht mehr.

Die reichsten fünf Prozent in Österreich besitzen so viel wie die übrigen 95 zusammen.

Ein ATX-Manager verdient heute das 81-Fache ihrer Mitarbeiterinnen – vor 20 Jahren war es noch das 35-Fache.

Zur Jahrtausendwende waren rund 960.000 Menschen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet – heute sind es mehr als 1,5 Millionen.

Sie sehen: Es hat sich etwas gewaltig verschoben.

Ich möchte hier keine Debatte führen, ob das eine gerechte oder sinnvolle Verteilung ist. Sie können sich denken, dass ich es weder für das eine noch das andere halte.

Ich möchte Sie auf die Konsequenzen dessen für unser Zusammenleben aufmerksam machen. Denn ich bin überzeugt: Die wirtschaftlichen Verhältnisse prägen unser politisches System und unser gesellschaftliches Miteinander.

Unsere Geschichte ist reich an Beispielen für diesen Zusammenhang:

Die industrielle Revolution führte nicht nur zu technischem Fortschritt, sondern auch zu neuen sozialen und politischen Strukturen.

Die Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre erschütterte Demokratien weltweit – und war ein Nährboden für autoritäre Regime und letztlich den Zweiten Weltkrieg.

Die Globalisierung hat Wirtschaft und Märkte enger miteinander verflochten – und die Rolle der Nationalstaaten geschwächt.

Wir sind deshalb mit neuen Ungleichgewichten und Fragen über Fairness, soziale Verantwortung und demokratische Kontrolle konfrontiert.

Sie sehen: Auf ökonomische Veränderung folgen immer auch politische.

Sie werden darum sicher verstehen:

Es ist eine schlechte Nachricht für unsere Demokratie, dass die Vermögensverteilung in den westlichen Industrieländern heute eher an das absolutistische Frankreich erinnert als an die vergleichsweise egalitären 1960er Jahre – wie der Ökonom Thomas Piketty errechnet hat.

Diese ungleiche Verteilung hat zwei sehr konkrete Auswirkungen auf unser Zusammenleben:

Erstens: Immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass dieses Land sie vergessen hat. Sie haben nicht mehr das Gefühl, dass sie am Erfolg Österreichs teilhaben können. Sie resignieren, verlieren das Vertrauen in die Demokratie – und nehmen nicht mehr teil.

Zweitens: Ökonomisch ungleiche Lebensverhältnisse bedeuten nicht nur ungleiche Kontostände. Sie bedeuten, dass uns die Gemeinsamkeiten abhandenkommen. Die Treffpunkte. Die Fähigkeit, uns in andere hineinzuversetzen.

Ein paar Schritte in den Schuhen der anderen zu gehen.
Uns vorzustellen, was diese und jene Entscheidung für die anderen bedeutet.

Wir verlieren als Gesellschaft unsere Empathie, unser Mitgefühl. Und damit den Klebstoff, der unsere Demokratie zusammenhält.

Wenn die Herzen kalt sind, werden die Ellbogen ausgepackt. Statt der Empathie wird der Egoismus kultiviert.

Dann wird Politik nur noch als Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen verstanden – dann hat unsere Demokratie keine Zukunft. Denn das ist der Nährboden für die fauligen Früchte des Autoritären.

Wenn wir unsere liberale Freiheit – also die Freiheit, dass kein autoritärer Herrscher uns vorschreibt, wie wir zu leben, wen wir zu lieben oder was wir zu denken haben, aufrechterhalten wollen, sollten wir uns auch um unsere soziale Freiheit kümmern:

Die Freiheit, ein Leben ohne Armut zu führen. Die Freiheit, sich zu entfalten. Die Freiheit, teilzuhaben.

Unsere Demokratie wurde aus dem radikalen Gedanken geboren, dass jeder Mensch gleich viel wert ist und gleich viel mitbestimmen kann. Diesen radikalen Gedanken sollten wir ernst nehmen

Wir sollten uns – in der Politik aber auch in den Unternehmen, auf der Straße, in den Theatern und im Caféhaus– immer bewusst sein:

Jeder Mensch, dem wir begegnen, hat Wünsche, Sorgen und vor allem Träume.

Die Buchhalterin hat Träume.

Der ATX-Manager hat sie.

Die Regisseurin hat Träume, der Beleuchter hat Träume und Uber-Fahrer auch. Wir alle haben Träume.

Und das Schöne an der Demokratie – an diesem radikalen Gedanken, zu dem sich unsere Republik bekannt hat – ist doch:

Dass all diese Träume, Sorgen und Wünsche zählen. Dass alle diese Träume, Sorgen und Wünsche sich mal unterscheiden und mal gleichen, mal in die eine und mal in ganz andere Richtungen zielen.

Und diese Vielfalt ist es, von der unsere Demokratie lebt. Das ist der Sauerstoff den sie atmet.

Und wenn Kinder gar nicht erst zu träumen beginnen können, weil ihre Eltern arm sind und ihre Chancen gering, dann schädigt das auch die Vielfalt unserer Demokratie. Dann geht uns der Sauerstoff aus.

Darum müssen wir uns als Politik vergegenwärtigen, dass jede Mieterhöhung auch die Sorgen erhöht. Dass wenn die Preise für Lebensmittel und Energie explodieren – Träume implodieren.

Bei steigenden Preisen schrumpfen die Träume. Unsere Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass in Österreich wieder groß geträumt werden kann.

Die Zukunft unserer Demokratie hängt davon ab. Sie hängt davon ab, wie wir miteinander umgehen, ob wir auf einander schauen und ob wir solidarisch sind.

Wir müssen begreifen, dass unser eigenes Leben ärmer wird, wenn unser Gegenüber leidet.

Weil wir Menschen sind.

Unsere Demokratie lebt davon, dass wir einander sehen. Dass wir anerkennen:

In jedem Menschen steckt ein ganzes Universum. Ein Universum voller Träume, Sorgen und Wünsche. Wenn wir diese Vielfalt ernst nehmen, bewahren wir den radikalen Gedanken, auf dem unsere Republik gründet: Dass jede und jeder zählt.

Sehr geehrte Festgemeinde: Kunst ist etwas Wunderbares. Durch sie können wir in die Gedankenwelt verschiedener Protagonist:innen eintauchen und erfahren dadurch etwas neues – manchmal auch über uns selbst.

Das Programm der Festspiele ist ein Bekenntnis zu dieser hohen Kunst des Geschichtenerzählens.

Danke an alle Mitwirkenden – Ihre Arbeit hilft dabei, das Beste in uns zu kultivieren: Unsere Fähigkeit zur Empathie.

Und diese Empathie ist kein Luxus. Sie ist ein Grundpfeiler der Demokratie.

Achten wir darauf, dass das so bleibt.

Ich wünsche schöne Festspiele!"